Okay, das BMBF unter #FDP-Führung hat also ein "Kernfusions"-Expertengremium eingesetzt.
#Technologieoffen ist da allerdings gar nix: Das Memorandum trägt den Titel "Memorandum Laser Inertial Fusion Energy", also ganz klar ein Ausschluss des Verfahren des magnetischen Einschlusses zugunsten der Trägheitsfusion.
Aber okay, das sind ja Experten in dem Panel, die werden schon Recht haben...
1️⃣ 👑 Prof. Dr. Constantin Leon
Haefner, Vorsitzender; Professor für Laser Physik an der RWTH Aachen und Leiter des Fraunhofer Instituts für Lasertechik ILT
2️⃣ Neil Alexander, PhD; Director Inertial Fusion Energy at General
Atomics
3️⃣ Prof. Riccardo Betti, PhD; Chief Scientist, Laboratory for Laser Ener-
getics and RL McCrory Professor, Depts. Mechanical Engineering and Physics, University of Rochester, US
4️⃣ Omar Hurricane, PhD; Chief scientist of the Inertial Confinement
Fusion Program, Lawrence Livermore National Laboratory
(LLNL)
5️⃣ Tammy Ma, PhD; Program Element Leader for High-Intensity
Laser HED Science, Advanced Photon Technologies Lead, Inertial Fusion Energy (IFE) Institutional Initiative Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL)
6️⃣ Prof. Dr. Robert Stieglitz; Head Institute for Neutron Physics and Reactor Technology (INR) Chair Institute for Applied Thermofluidics (IATF), KIT Karlsruhe
7️⃣ Prof. Dr. Hartmut Zohm; Direktor des Max-Planck Instituts für Plasmaphysik, Leiter des Bereichs Tokamak-Szenario-Entwicklung und Honorarprofessor LMU München
So, da haben wir nun zwei recht hochdekorierte Vertreter des magnetischen Einschlusses und fünf, inkl. Vorsitzenden, der Trägheitsfusion. Man könnte auf die Idee kommen, dass das Ergebnis des Memorandum vorher feststand.
Auffällig übrigens: Liest man das Executive Summary, dann geht's am Ende gar nicht so sehr um die Fusion sondern um zwei "Schlüsseltechnologien": Lasertechnik und Targetentwicklung (Präzisionsfertigung).
Am Ende war man vielleicht realistisch genug, zu wissen, dass man's wahrscheinlich nicht bis 2045 schaffen wird. Aber immerhin hat man dann ne Menge über Laser und supergenaue Fertigungstechniken gelernt.
Kann man machen. Aber es ist 100% on brand für die #FDP: Nicht technologieoffen, voraussichtlich sehr, sehr teuer, das gewünschte Ergebnis einer "Studie" stand durch die Auswahl des Panels zumindest schonmal voreingestellt und das tatsächliche Ziel ist nicht das kommunizierte Ziel.
Das mag sich Forschungspolitisch ausgehen. Demokratisch ist es eine Vollkatastrophe.
Es ist übrigens nicht so, dass magnetischer Einschluss nicht im Bericht auftaucht. Aber selbstverfreilich gibt es dazu ja schon einige Großforschungsanlagen (ITER in Frankreich und Wendelstein X7 in Deutschland).
Und jetzt entferne ich mich mal von der Unterstellung, dass Trägheitsfusion hier von vornherein das Ziel war. Immerhin sind Prof. Stieglitz und Prof. Zohm ja vornehmlich Vertreter des magnetischen Einschlusses.
Könnte es aber sein, dass alle sieben als Fusionsforscher bestimmt nicht da reinschreiben werden, dass das eine Hochrisikowette mit bisher sehr schlechtem Track-Record ist?
Könnte es sein, dass sie das auch gar nicht getan haben, sondern eine Demonstrationsanlage für Tragheitsfusion bis 2045 vorschlagen? Also im Grunde das, was das LLNL bereits heute hat aber mit schönen doitschen Lasern?
Könnte es sein, dass sie schreiben: " Mit einem ehrgeizigen und gut
finanzierten Forschungs- und Entwicklungs plan ist es Stand heute unter Berücksichtigung typischer Entwicklungs- und Bereitstellungshorizonte denkbar, dass eine betriebsfähige Demonstrationsanlage für die Trägheitsfusion bis etwa 2045 in Betrieb sein könnte. Folglich geht das Gremium davon aus, dass die Fusionsenergie voraussichtlich nicht zur laufenden Energiewende beitragen wird, die bis 2045 abgeschlossen sein soll."
Ja, Mensch. Da hat Frau #Stark-#Watzinger wohl ein bisschen was falsch verstanden...
Jetzt mal im Ernst: @zdfmagazin könnt ihr euch da mal dransetzen? Was da passiert ist so unendlich bizarr...
Und jetzt noch eine Frage an @heiseonline : Ihr zitiert ja aus der Executive Summary.
Wieso ist euch obiges Zitat entwischt? Hier nochmal:
" Mit einem ehrgeizigen und gut
finanzierten Forschungs- und Entwicklungsplan ist es Stand heute unter Berücksichtigung
typischer Entwicklungs- und Bereitstellungshorizonte denkbar, dass eine betriebsfähige
Demonstrationsanlage für die Trägheitsfusion bis etwa 2045 in Betrieb sein könnte. Folglich
geht das Gremium davon aus, dass die Fusionsenergie voraussichtlich nicht zur laufenden Energiewende beitragen wird, die bis 2045 abgeschlossen sein soll."
Mal überspitzt formuliert: Das LLNL hat Stand 2023 eine "betriebsfähige
Demonstrationsanlage für die Trägheitsfusion". Und hier wird als "ehrgeizigen und gut finanziertes" Ziel dasselbe für 2045 in Aussicht gestellt... Und das war keine Erwähnung im Artikel wert?
👉 https://www.heise.de/news/Experten-Kernfusions-Kraftwerk-bis-2045-machbar-9063086.html
Kleiner Disclaimer an dieser Stelle: Ich bin nicht gegen Fusionsenergie per se! Ich bin gegen diese bizarre Kombination aus Unehrlichkeit, fehlendem Realismus und kritischer Denke seitens der Politik und diese offenbar vollkommene Unfähigkeit der selbsternannten vierten Gewalt, sich mit komplexen, techno-sozialen Dingen auseinanderzusetzen.
Macht man das nämlich, wird man finden, dass da schon viel Schönes dabei ist. Aber man wird halt auch finden, dass es sehr, sehr teuer wird, es absolut nicht sicher ist, dass da überhaupt was funktionierendes rauskommt und dass es für unser größtes, sehr, sehr akutes Problem #Klimakrise absolut keine Rolle spielen wird.
Btw, diese "Recherche" hat mich jetzt 15 Minuten gekostet. Ich bin kein Physiker und habe bisher nur Affiliations abgeglichen und das Executive Summary quergelesen. Und trotzdem stoßen schon ein gutes halbes Dutzend Punkte sauer auf.
Und das hier ist absolut nicht abschließend. Denn es ist nicht mein Job, solche Memoranden zu lesen. Aber es wäre der Job von Redakteur:innen. Und dann wäre es gut, sich nicht an den 8. Fusionsforscher zu wenden, der einem qua Forschungsgebiet einfach bestätigt, was da drin steht.